Camping in Schwedens Natur

Das Jedermannsrecht (allemansrätten) erlaubt den freien Zugang zur Natur

Schwedens atemberaubende Natur ist vielseitig und weitläufig. Zu ihrer Attraktivität gehören Berge, tiefe Wälder, Blumenwiesen, Seen und viele Inselgruppen. Das Recht darauf, sich in der Natur frei zu bewegen, heißt auf Schwedisch „allemansrätten“ (Jedermannsrecht). Diese uralte schwedische Regel, die im Grundgesetz erst seit 1994 schriftlich festgehalten wird, ermöglicht entspannende Wanderungen, Ausflüge in die faszinierenden Berge und lange Radtouren.

Beeren pflücken, Baden, Bootfahren etc. – jede Freizeitaktivität ist erlaubt. Man darf sich sogar ein Zelt aufschlagen und die Nacht in der Natur verbringen. Eine derartige Freiheit im Umgang mit der Natur gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen auch in Schottland, Norwegen, Finnland und der Schweiz.

Zelten in der wilden Natur

Das Jedermannsrecht gestattet einem, in Schwedens Wildnis zu campen. Solange man die Natur nicht beschädigt und den Grundbesitzer nicht stört, kann man das Zelt für bis zu zwei Nächte an einem Ort der Wahl aufstellen.

Bevor man das Zelt aufschlägt, sollte man allerdings folgende Punkte beachten:

  • Bei Sportplätzen, in Nationalparks und Naturschutzgebieten ist Zelten normalerweise nicht erlaubt. Da es aber auch Ausnahmen gibt, sollte man sich die Infotafeln vor Ort durchlesen.
  • Das Zelt sollte man nicht in der Nähe von Häusern, Weideland oder Ackerland aufstellen.
  • Größere Menschengruppen müssen vor dem Zelten die Erlaubnis des Grundstückesitzers einholen.
  • Man darf selbstverständlich kein Müll hinterlassen.

Bei Wander- und Radtouren einen Korb mitnehmen

Ein aufregender Vorteil des schwedischen Jedermannsrecht ist, dass die essbaren Schätze der Natur von jedem eingesammelt werden können. Pilze, Wilde Himbeeren und Erdbeeren, Preiselbeeren, Heidelbeeren, Nüsse und Pilze gedeihen in schwedischen Waldgebieten. Allgemein gilt, dass man für den eigenen Bedarf sammeln darf. Selbst Blumen können gepflückt werden, solange sie nicht unter Schutz stehen (zum Beispiel alle Orchideenarten).

Das Sammeln von Pflanzen, Nüssen, Beeren und Pilzen in Naturschutzgebieten oder Nationalparks ist ebenfalls verboten. Das Pflücken Ausgraben von Pflanzen zum Verkauf ist auch nicht erstattet.

Ein Lagerfeuer ist in Grenzen erlaubt

Ein kleines Lagerfeuer darf angezündet werden, falls aktuell kein Verbot dafür besteht. Auf Felsen und Klippen ist dies allerdings jederzeit verboten. Wegen der großen Hitze könnten sie platzen und einen großen Schaden anrichten.

Bei Waldbrandgefahr ist ebenfalls kein offenes Feuer gestattet: Die lokalen Behörden verhängen in diesem Fall ein Feuerverbot (eldningsförbud). Das tun sie bei andauernder Trockenheit, meist in einem Zeitraum von März bis Juni. Bei starkem Wind ist ebenfalls kein Feuer erlaubt, da es sich ausbreiten könnte. Des Weiteren darf man keine Sträucher umsägen oder Bäume fällen. Zweige oder Äste abbrechen ist ebenfalls tabu.

Heruntergefallene, trockene Äste und Zweige darf man allerdings mitnehmen und für das Lagerfeuer verwenden.
Ganz wichtig: Wenn man die Feuerstelle verlasst, sollte man sich vergewissern, dass das Feuer vollkommen erloschen ist. Es empfiehlt sich, einen Eimer Wasser darüber zu kippen.

Das Allermannsrätten gilt auch fürs Wasser

Schwedens Küste ist von Tausenden Schäreninseln umgeben und das gesamte Land ist von Norden bis Süden von sauberen Seen und Flüssen durchzogen. Da das Jedermannsrecht im Umgang mit der Natur gleichermaßen für Wasser und Land gilt, können die Besucher fast überall schwimmen, segeln und schnorcheln. Es ist möglich, ein Boot auszuleihen und auf dem Wasser zu übernachte. Genau wie an Land gelten bestimmte Regeln auch zu Wasser:

  • Man darf einen Steg verwenden, um das Boot vorübergehend zu befestigen, sofern dieser nicht zu einem privaten Grundstück gehört.
  • In Naturschutz- und Vogelschutzgebieten ist das Schwimmen und Bootfahren meistens verboten.
  • Jetskis sind ausschließlich in ausgewiesenen Bereichen und öffentlichen gestattet.

Wandern mit dem Vierbeiner

Hunde sind in freier Wildbahn ebenfalls willkommen – sie müssen allerdings vom 1. März bis zum 20. August (während der Brutzeit der Vögel) an der Leine geführt werden. Die Vierbeiner müssen jedoch auch in der übrigen Zeit ständig unter Kontrolle gehalten werden, damit der eventuelle Konflikt mit wilden Tieren verhindert werden kann.

Auch weitere Regeln sind zu beachten, doch diese sind aufgrund ihrer jahrhundertelangen mündlichen Überlieferung in vielerlei Hinsicht ungenau. Ein respektvolles Umgehen mit der Natur braucht nicht viel Erklärung – dass man keinen Müll nach den Ausflügen hinterlässt, ist eine Selbstverständlichkeit. Hier könnte man also behaupten, dass das Jedermannsrecht den menschlichen Hausverstand in einem Land widerspiegelt, welches zu 58 % aus Wald besteht.

Ganz wichtig: Abstand halten!

Den „Hemfridszonen“ (Hausfrieden) zu respektieren, spielt in Schweden eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich darum, die Menschen nicht zu stören. Der notwendige Abstand ist nicht exakt geregelt, der Hausverstand sollte allerdings ausreichen. Hier gilt folgende Faustregel: Man darf sich nicht in der Nähe einer Immobilie aufhalten, insbesondere dann, wenn das Licht brennt oder weitere Dinge darauf hindeuten, dass die Eigentümer zu Hause sind.

Ein privates Gelände, das aus Häusern, leicht beschädigten Böden und Ackerland besteht, ist laut schwedischem Gesetz geschützt. Einige Grundstückbesitzer stellen sogar Schilder auf, um die Grenzen des Allermannsrätten hervorzuheben. Ohne derartige Hinweise sind die Grenzen oft unklar.

Wo und wann gilt das Jedermannsrecht nicht mehr?

Wenn man picknicken möchte, ein Zelt aufschlägt oder ein Boot festmacht, sollte man weitaus mehr Abstand halten, als wenn
man nur vorbeigeht.

Wer ein Haus sieht, wird auch von den Bewohnern gesehen. Häuser in einer flachen Umgebung mit beschränkter Vegetation
werden im Gegensatz zu Hausern in hügeligen Gebieten mit vielen Sträuchern als störungsfälliger empfunden.

In der Nähe von Häusern sollte man Rücksicht nehmen und nicht zu lange in Sichtweite bleiben. Dass der Ausflügler nichts im
Schilde führt, weiß schließlich nur er allein.

Die Hausfriedenszone ist in einem Wohngebiet geringer und beginnt nur einige Meter vom Garten oder Haus entfernt. Hier
kann ein Zaun, ein schmaler Fahrradweg oder eine Hecke anzeigen, wo die Grenze beginnt.

In ländlichen Gegenden sollte man sich von natürlichen Grenzen leiten lassen, zum Beispiel von einem Graben, Wald- oder
Feldrand. Weitere Hinweise können ausgewiesene Privatstraßen, Schuppen oder Gewächshäuser sein. Privatstraßen darf man
zwar generell nutzen, doch sollte der Weg direkt zu einer privaten Immobilie führen, so sollte man besser umkehren.

Einheimische führen Besucher gerne durch die schwedische Natur

Organisierte hochwertige ethische Naturreisen in Schweden werden durch das Nature’s Best Zertifikat geprüft. Dieses wurde von Naturschutz- und Reiseverbänden, gemeinnützigen Organisationen, Landbesitzern, Tourismusunternehmen, Tourismuseinrichtungen und Behörden entwickelt. Hier wird jede Kleinigkeit berücksichtigt: Führer und Gäste, die ihren Müll einsammeln, Gäste, die lieber mit dem Zug als mit dem Auto anreisen und Gewerbe, die ihre Mitmenschen respektieren und ihren Angestellten angemessene Gehalte zahlen.

Die zertifizierten Reiseziele werden von enthusiastischen Reiseführern geleitet, die ihre Arbeit lieben. Auf diese Weise lernen die Gäste begeisterte und spannende Menschen kennen, die sich mit Leuten vor Ort und Land bestens auskennen. Ausflügler profitieren vom Kontakt mit den Einwohnern, die ihnen die faszinierende Natur durch viele verschiedene Aktivitäten nahebringen.

Fazit: „Nicht stören und nichts zerstören“

Die Natur bedeutet den schwedischen Einwohnern viel. In diesem Land darf sich jeder in der freien Natur aufhalten, sogar in Gebieten, die unter privatem Besitz liegen. Das Allermannsrätten räumt allen Einheimischen und ausländischen Gästen große Freiheiten ein, sich in den Naturgebieten zu bewegen. Mit diesen Rechten sind allerdings entsprechende Pflichten verbunden. Jeder, der sie verletzt, kann vom Gesetz bestraft werden.

Einige Teile des Jedermannsrecht sind missverständlich. Dementsprechend ist es nie falsch, sich bei Grundbesitzern oder Behörden vor Ort zu informieren, was genau gilt und was nicht.

Das Allermannsrätten regelt den Umgang mit Pflanzen und Tieren und sagt, wann, wo, wie und wie lange man sich in der schwedischen Natur aufhalten darf. Das Jedermannsrecht ist kein geschriebenes und kein eigenständiges Gesetz, sondern ein schwedisches Gewohnheitsrecht, das bereits aus dem Mittelalter stammt. Einige Rechte, die im Jedermannsrecht enthalten sind, sind jedoch in verschiedenen Gesetzen (zum Beispiel im Jagdgesetz) präzisiert.

Wenn man Rücksicht nimmt, mit der Natur behutsam umgeht und keinerlei Schäden anrichtet, kann man kaum etwas verkehrt machen. Hier gilt die schwedische Faustregel: „Nicht stören und nichts zerstören“.